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Mittwoch, 13. Mai 2020

"In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten suchen nach Schuldigen." Loriot (angeblich)

Pseudo-Loriot-Zitat.
Dieses Zitat wurde dem deutschen Humoristen Loriot Anfang Mai 2020 das erste Mal unterschoben und schon ein paar Tage später als eines der beliebtesten Zitate in die Reihe der "Twitterperlen des Tages" aufgenommen.

Fünf Tage nach der Erfindung dieses Pseudo-Loriot-Zitats auf Facebook wurde es bereits von Universitätsprofessoren, Journalisten, Zahnärzten und Politikern verbreitet und in Zeitungen erwähnt.

Dieses innerhalb einer Woche schon zehntausendfach geteilte und kopierte Kuckuckszitat wäre wohl noch erfolgreicher geworden, wenn nicht der Stuttgarter Bibliothekar Bernd-Christoph Kämper von Anfang an gegen die Verbreitung des Falschzitats auf Twitter vorgegangen wäre.

Kämpers  amüsanten Thread zu der Sache kann man hier unter seinem Twitternamen Basso Continuo nachlesen:







Entstehung des Kuckuckszitats:


Dass es konstruktiver ist, bei Problemen statt nach Schuldigen nach Lösungen zu suchen, steht seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Formulierungen in englischen und deutschen Ratgeberbüchern.

Die Formulierung, die Loriot unterschoben wird, ist anscheinend auf Spanisch entstanden und wurde im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den letzten Wochen in spanischen Medien tausendfach zitiert.
"In Zeiten der Krise ..."

Wer das Sprichwort in dieser prägnanten Form mit den Wörtern "Intelligenten" und "Idioten" geprägt hat, ist noch unbekannt.

In Spanien wird das Zitat als anonymes Sprichwort verbreitet und als anonymes Sprichwort zuerst auch in Italien und Deutschland übernommen.

31. März 2020, Facebook


Facebbook, 31. März 2020.
Seit Anfang Mai wird das Bonmot in Italien dem Schauspieler und Komiker Totò unterschoben und in Deutschland Loriot.

Pseudo-Totò-Zitat.


Jemand hat sich am 23. April 2020 den Spaß gemacht, das spanische Zitat auch dem griechischen Astronomen Hipparchos von Nicäa zu unterschieben, was aber längst nicht so gut ankam wie die genau so unbegründete Zuschreibung an Loriot.

Pseudo-Hipparchos-von-Nicäa-Zitat. (Link)



Chronologie



Die früheste Formulierung des angeblichen Loriot-Zitats findet man auf Twitter am 25. März auf Spanisch:


25. März 2020


  • En los momentos difíciles, las personas inteligentes buscan soluciones, mientras los inútiles buscan culpables. (Twitter)

26. März 2020


  • "En los momentos de crisis las personas inteligentes buscan soluciones, los incompetentes buscan culpables"

Auf Facebook wird das Zitat ursprünglich auch auf Deutsch noch ohne Zuschreibung an Loriot zitiert.  Die Übernahme des deutschen Facebook-Zitats aus einem spanischen Facebook-Zitat ist mehr als wahrscheinlich.
31. März
Ohne Zuschreibung an Loriot war dieses Zitat im deutschen Sprachraum allerdings nicht sehr erfolgreich.


7. April 2020
  • " En época de crisis los inteligentes buscan soluciones y los tontos buscan culpables"


9. April
  • En los momentos de crisis los inteligentes buscan soluciones y los inútiles culpables.
  • En tiempos de crisis por causas incontrolables, los inteligentes buscan soluciones, los imbéciles buscan culpables.
Auch in Italien wird das Zitat  ursprünglich ohne Zuschreibung an einen Autor verbreitet:

11. April


Durch ein Youtube-Video der spanischen Ökonomin und Schauspielerin Marta Flich ist das Zitat noch populärer geworden.

18. April 2020


  • "En los tiempos de crisis los inteligentes buscan soluciones y los inútiles, culpables".
    • Marta Flich, 18. 04. 2020  youtube

Jemand hat dieses Zitat ohne Begründung dem 120 v. Chr verstorbenen Astronomen  Hipparchos von Nicäa zugeschrieben.



23. April 2020
Pseudo-Hipparchos-von-Nicäa-Zitat. (Link)


Vor dem Mai 2020 findet man keine Zuschreibungen des Zitats an Loriot und Totò in den digitalisierten Texten.


5. Mai: Erste Zuschreibung an Loriot auf Facebook.




6. Mai
  • "il grande Totò disse: In tempo di crisi, gli intelligenti cercano soluzioni. gli imbecilli cercano colpevoli" Twitter

Twitter, 10. Mai 2020:




Dieser Tweet des angesehenen "Deutschen Instituts der Aufsichtsräte" wurde über 2000 Mal retweetet, darunter auch von Accounts mit über 100.000 Followern, und ist dadurch so etwas wie ein "Hotspot" für die Verbreitung des Pseudo-Loriot-Zitats geworden.

-

Inzwischen haben schon viele Leute vergeblich nach einer Quelle in einem Text Loriots gesucht und manche von ihnen haben ihren Tweet mit dem falschen Zitat wieder gelöscht.

Nach der internationalen Geschichte und Vorgeschichte dieses Aphorismus zu schließen wird man das Zitat so wenig in einem Text Loriots wie in einem Text des italienischen Komikers  Totò oder des griechischen Astronomen Hipparchos von Nicäa finden.

Geprägt wurde der Aphorismus anscheinend am Beginn der europäischen Corona-Katastrophe von einer unbekannten Person in Spanien.





Artikel in Arbeit. Es wird von mehreren Personen weiter recherchiert.

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Quellen:
Google Spanisch
Google Italienisch 
Google Deutsch
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Marlene Mengue, Bayern 2 Digitalredaktion: "Loriot, haben Sie das wirklich gesagt?! Wie das Internet mit Zitaten umgeht", 12. Mai 2020 (Link)
Mareen Linnartz: "Falsche Zitate: 'Das Wort Idiot hätte Loriot nie verwendet'" Interview mit Gerald Krieghofer,  Süddeutsche Zeitung,  26. Mai 2020 (sueddeutsche.de)


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Dank:
Ich danke Bernd-Christoph Kämper (Twittername: Basso Continuo) für die Aufdeckung dieses Kuckuckzitats und seine Recherchen zu dessen Ursprung. Dank auch an Wolfgang Gruber, Ralf Bülow und RadlerAndi.




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Anhang

 

Twitter, 11. Mai 2020,
nachdem das falsche Loriot-Zitat in zwei Tagen tausende Male gepostet wurde: 


 

 

Letzte Änderung: 13/10 2022

Screenshot, 14. Mai 2020.

Sonntag, 25. Februar 2018

"Ein Leben ohne Mops ist möglich - aber sinnlos." Loriot

(Artikel in Arbeit.)  
Die Wendung, "Ein Leben ohne XY ist möglich - aber sinnlos",  kommt heute in einem Dutzend verschiedenen Varianten vor und wurde im Jahr 2002 von Loriot geprägt, der in seiner ersten Version dieses Witzes noch unüberhörbar auf Friedrich Nietzsches bekanntes Wort, "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum",  anspielt.

  • 1888: "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum." F. Nietzsche
  • 1917: "Das Leben ohne Phlox ist ein Irrtum." K. Foerster
  • 1967: "Das Leben ohne Hund ist ein Irrtum!" C. Zuckmayer
  • 2002: "Ein Leben ohne Möpse und Musik ist möglich, aber sinnlos." Loriot
  • 2005: "Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos." Loriot
  

 Nietzsche:

  • 1888: "Das Leben ohne Musik ist einfach ein Irrthum, eine Strapatze, ein Exil. "
    Friedrich Nietzsche
  • 1888: "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum. "
    Friedrich Nietzsche
  • 1888: "Ohne Musik wäre das Leben ein Irrthum. Der Deutsche denkt sich selbst Gott liedersingend." 
    Friedrich Nietzsche

Foerster 

  • 1917: "Es gibt eine unsichtbare Gemeinde der Phlox-Freunde in der Welt. Für die Nichtwissenden haben sie dumpfstaunendes Mitgefühl und zarte Schonung. Phlox ist eine Welt der Gnade. Das Leben ohne Phlox ist ein Irrtum. Ihm fehlt ein Kronjuwel."
    Karl Foerster:
    "Vom Blütengarten der Zukunft; das neue Zeitalter des Gartens und das Geheimnis der veredelten winterfesten Dauerpflanzen; Erfahrungen und Bild." Furche-Verlag, Berlin: 1917 (zitiert nach Parey, 1923 (Link))

Zuckmayer

  • 1967: Karl Foerster "hatte einen Satz geprägt, mit dem er ein Buch über Pflanzen und Gartenblumen anfing: »Das Leben ohne Phlox ist ein Irrtum!« Und so möchte ich diesen Satz abwandeln: »Das Leben ohne Hund ist ein Irrtum!« Ein Hund gehört eigentlich immer zum Dasein, und ohne Hunde spazieren zu gehen, ohne Hunde auf der Welt herumzulaufen, das ist so ungefähr, wie wenn ein gesunder Mann keine Kinder hätte."
    Carl Zuckmayer (Link)

Loriot 

  • 2002: "Ein Leben ohne Möpse und Musik ist möglich, aber sinnlos."
  • 2003: "Ein Leben ohne Möpse ist möglich, aber sinnlos» Zum 80. Geburstag von Loriot."
  • 2005: "Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos."
  • 2006: "Klaus-Peter Grap: Ein Leben ohne Loriot ist möglich, aber sinnlos -  "
  • 2007: "Ein Leben ohne Katze ist möglich – aber sinnlos." (Link)
Variationen: Ein Leben ohne Radsport, ohne Auto, ohne Spätzle, ohne diverse Modemarken, ..... ist möglich, aber sinnlos.
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Quellen:
 Google 
Loriot: "Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos. - Sehr verehrte Damen und Herren...", Diogenes Verlag, Zürich: 2005
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  • 2018: "Der Bundespräsident zitierte u.a. den Autor Arno Schmidt, dessen Zitat "Es gibt keine Seligkeit ohne Bücher" er jedoch sogleich unter dem Gelächter des Publikums mit einem anderen Zitat relativierte (das er Gregor von Rezzori in den Mund legte, das in gängigen Quellen allerdings Loriot zugeschrieben wird, Anm.): "Ein Leben ohne Mops ist möglich - aber sinnlos."
  • 2009: "Immerhin aber hat er keine so abgrundtiefen Sprüche wie Carl Zuckmayer oder Karin Duve getan, deren Sätze „Das Leben ohne Hund ist ein Irrtum" oder „Wer Bulli nicht mag, kann auch mein Freund nicht sein" bei aller literarischen Wertschätzung doch Rückschlüsse auf das Verhältnis zu ihren Zeitgenossen offenbaren. Loriots Kryptogramm „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos", erscheint zwar auch nicht besser, enthält aber wenigstens eine Prise Sarkasmus."
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 Dank:
Ich danke Ralf Bülow für seinen Hinweis.